Die BD hat ein Wendecover, das kann ich bestätigen.
Für die DVD kann ich diesbezüglich aber keine Aussage machen.
Als Extra gbt es interessante Interviews mit den Dardenne Brüdern und mit Cécile de France, sowie ein eigenwilliges Making of, durch das die Dardenne Brüder in einer famosen Selbstinszenierung führen...
Die Eindrücke zum Film von Brundibar kann ich so nicht teilen. Es ist ein ganz typischer Dardenne-Film, und ja, deren Filme sind alle so! Sie werfen den Zuschauer ohne Einführung mitten in eine Geschichte hinein, begleiten die handelnden Figuren ein Stück in halbdokumentarisch inszenierter Weise, und schließen dann mit einem recht abrupten Ende, welches Fragen offen läßt - weil die Geschichte der Figuren eigentlich weitergeht. Die Filme zeigen immer nur einen Ausschnitt, eine Art Episode aus der Lebensgeschichte.
Auch bei "Der Junge mit dem Fahrrad" ist es so, daß man absolut nichts darüber erfährt, was zuvor geschehen war. Über den Vater und seine Geschichte erfährt man nichts. Über Samanthas Vorgeschichte erfährt man ebenfalls nichts. Das läßt Freiraum für Interpretation. Ich denke, das ist das, was die Dardenne Brüder mit ihrem Filmen sagen wollen: Lieber Zuschauer, spinne dir seine Version über das Vorher und Nachher und die daraus abzuleitenden Motive der Figuren selbst zurecht. In diesem Sinne also meine nicht allzu lang ausfallende:
FILMBESPRECHUNG
Cyril sitzt im Kinderheim fest. Nachdem die Großmutter, bei der er aufwuchs, verstorben war, hatte ihn sein Vater dort vorübergehend abgeladen. Nun aber hat der 12jährige seit Wochen nichts mehr vom Vater gehört. Er ist einfach verschwunden, die Wohnung steht leer. Er hat einfach alles verkauft, und niemand weiß, wo der Mann jetzt geblieben ist.
Nur sein Fahrrad, das noch beim Vater abgestellt war, bekommt Cyril auf eigenartige Weise durch die Friseurin Samantha zurück. Der Junge hofft, darüber eine Spur zu seinem Vater zu finden. Er bittet Samantha, ihn an den Wochenenden zu sich zu nehmen. Sie ist einverstanden. Ein leichtes Unterfangen ist das allerdings nicht, denn der Junge ist störrisch, eigensinnig und völlig aufgedreht. Aber Samantha hilft ihm wirklich bei der Suche nach dem entschwundenen Vater.
Das Wiedersehen endet mit einer Enttäuschung. Cyrils Vater will seinen Sohn in Zukunft nicht mehr treffen. Er hat ein neues Leben begonnen, darin gibt es keinen Platz für ein Kind. Der Junge ist bitter enttäuscht. Jetzt hat er nur noch Samantha. Die hat bald nichts als Ärger mit dem schwierigen Jungen, der immer wieder wegläuft. Schließlich trägt sie die Verantwortung, solange er bei ihr ist. Aber lieber läßt sie ihren genervten Freund sausen, als auf die Wochenenden mit dem Jungen zu verzichten. Erklären kann sie sich selbst nicht, was sie so an dem fremden Kind hält.
Cyril lernt in Samanthas Nachbarschaft den älteren Jugendlichen Wes kennen, der den naiven Buben alsbald für seine kriminellen Touren rekrutiert...
Ohne ein großes Sozialdrama daraus zu machen, führen die Gebrüder Dardenne den Zuschauer unmittelbar an das impulsive Ausbrechen eines Jungen aus einer inakzeptablen Situation. Wie das Wegbrechen der gewohnten familiären Umgebung ein Kind aus der Bahn werfen kann, demonstriert der Junge mit dem Fahrrad durch sein zügelloses Benehmen. Cyril ist völlig geschockt, weil er vom Vater plötzlich so schroff abgeschoben wird. Er rebelliert gegen diese unbegreifliche Zurückweisung mit einem Cocktail von Verhaltensauffälligkeiten. Seine wütende Hilflosigkeit äußert sich in Eigenschaften wie infantil, hyperaktiv, renitent, gewaltbereit. In die neue Wohnsituation, die Samantha ihm anbietet, kann sich Cyril so schnell nicht einfügen. Neue Freiheiten, neue Grenzen und neue Aufgaben im alltäglichen Zusammenleben überfordern ihn. Sein Vertrauen in die Erwachsenen ist tief erschüttert. Das macht ihn in seiner kindlichen Suche nach Halt und Anerkennung leicht beeinflußbar. So droht der 12jährige völlig abzugleiten. Samantha läßt es sich einiges kosten, dieses alleingelassene traurige Kind aufzufangen. Ihre Vorgeschichte bleibt im Dunkeln, daher bleibt auch ihr Motiv unklar. Nach dem Konzept der Regiebrüder Dardenne soll sie auch gar keines haben. Allein ihr reiner emotionaler Fürsorgeinstinkt soll der Beweggrund sein, weshalb diese ganz gewöhnliche alleinstehende Frau ein fremdes Kind in ihr Leben aufnimmt.
© Minifant
Also, in meiner Auslegung erklärt sich das anstrengende Benehmen des Bengels ziemlich deutlich. Das läßt die Möglichkeit offen, daß er ein gutes Kind ist, sobald er nur wieder Halt gefunden hat. Das Ende erinnert sogar an "Jet Boy"...