Ich finde schon allein die Bewerbung des Films auf dem Cover ist recht irreführend, von der Inhaltsbeschreibung bis zu Zitaten wie "Ihr wohl schönster Film." (Berliner Zeitung).
Also es hat GANZ entfernt etwas mit einem Märchen zu tun, wie es in der Inhaltsbeschreibung steht, in allererster Linie stellt dieser Film den Zuschauer auf eine Geduldprobe, wie auch sein kleiner Protagonist (aber gut gespielt!). Ich muss in vielen Punkten Brundibar UND Minifant zugleich recht geben...irgendwie polarisiert das Gesehene wie man selbst emotional dazu stehen soll. Ich persönlich komme mir da auch eher wie die Friseuse vor, als der Vater, der den (zugegeben) schwierigen Sohn komplett abschieben möchte (scheinbar selber einige Probleme aufzuarbeiten hat), sie gibt ihm eine Chance, vielleicht seine einzige Chance um sich nicht vollkommen aufzugeben und womöglich tatsächlich in ein kriminelles Milieu zu rutschen oder schlimmeres. Ist er unsympathisch? Ja. Ist er liebenswert? Ja. Er kann beides sein, nur stimmt die Balance zwischen beiden Eigenschaften (noch) nicht so ganz und es gilt die Waage zu kippen.
Mich erinnert der Film sehr stark an
"L'enfance nue" (Nackte Kindheit) von Maurice Pialat von 1968 und auch ein wenig an den François Truffaut Klassiker
"Les quatre cents coups" (Sie küssten und sie schlugen ihn) von 1959. Nur sind beide Filme cineastisch herausragender und bedeutungsvoller als "Le gamin au vélo", dem so das gewisse "Etwas" fehlt. Es wirkt in der Tat wie ein wahlloser Ausschnitt aus dem Alltag, ein Dokumentarfilm...kein Meisterwerk, aber sehenswert. Besser als "Hugo Cabret"? Auch wenn sich beide Filme gar nicht vergleichen lassen, ich finde beide in etwa gleich gut. "Die Beschissenheit der Dinge" einen Hauch unterhaltsamer.
Wertung: 7/10.
Was die Ähnlichkeit mit Erik Per Sullivan ("Dewey") angeht...ja...stimmt vor allem von hinten und wenn man das Gesicht auf die Schnelle sieht ja, ansonsten ist da noch ein "Hauch" John Joe McNeill (aus "Mickybo und ich") dabei. Erik Per Rupert John Joe Sullivan Grint McNeill...
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Trotzdem unverständlich dass sie zugunsten des Jungen sogar ihren Freund vernachlässigt!
Ich kann es verstehen. Einerseits - wie schon erwähnt - aufgrund des Fürsorgeinstinkst und andererseits kann sie sich nicht für ihren Freund entscheiden (als sie vor die Wahl gestellt wird), weil sie die Emotion von diesem nicht teilt und wie kann ich mit einer Person zusammensein, die sich GEGEN meine eigenen Emotionen stellt. Nichtzuletzt erinnert diese Reaktion auch stark an den Vater des Jungen.
Was mir manchmal etwas schleierhaft vorkam war die Naivität (irgendwie falsches Wort in dem Fall) in Verbindung von Aggressivität die der Junge an den Tag legte. Mich erinnert so ein Verhalten eher an ein Missbrauchsopfer oder an Menschen die an einer Form von Authismus leiden, nichtzuletzt an Asperger wegen auffallend fehlender Emotion in der Gesichtsmimik. Man erfährt auch relativ wenig bzw. gar nichts vom Heimalltag um sich das besser erklären zu können. Also so ganz "normal" scheint er offensichtlich nicht zu sein. (wenn auch nicht so schlimm wie in "Nackte Kindheit") Verstört, verängstigt, allein gelassen...wohl war...er handelt aber dennoch absonderlich, ohne dass es scheinbar einen Grund gäbe. (außer dass ihn sein Vater abgeschoben hat) Der Vater wirkt aber selbst nicht so ganz "psychisch auf der Höhe". Erst ganz am Schluss kehrt so etwas wie Normalität ein.
So wie der Film anfängt, so endet er auch. Man hat das Gefühl man wird in eine Geschichte reingeworfen und dann irgendwann wieder rausgezogen! Zuviele Fragen bleiben offen. Ich hätte gern erfahren wie es dazu kam dass Cyril im Heim landete. Wie war das zusammenleben mit dem Vater vorher? Was ist überhaupt mit seiner Mutter? Und wie geht es am Ende weiter mit Samatha und dem Jungen. Ratlos wird man entlassen. Ich weiß nicht ob alle Filme des Regiesseur Duos Dardenne so sperrig sind. Ich hab noch keine weiteren gesehen. Dieser hier muß aber nicht zwingend in meinem Filmregal landen. Sehenswert ist er aber trotzdem.
Wie schon Brundibar schrieb erfährt man überhaupt sehr wenig über Hintergründe. Zwar weicht das von üblichen cineastischen Stilmitteln ab, was wohl beabsichtigt ist, wenn jeder Film der Regisseure so sein soll...ist wohl so wie bei Wes Anderson wo man das einfach so akzeptieren muss, wobei hier natürlich die Überzeichnung aus Andersons Filmen fehlt, welche zur Unterhaltung beitragen würde.
Mit den Dardennes kenne ich mich nicht aus. Ich habe nichts gegen einen offenen Schluss, aber hier war er mir zu abrupt bzw. irgendwie falsch angesetzt. Vielleicht hat der Film auch ein bisschen die Funktion sein Inneres zu fragen..."Was würde ich tun?" (auch wenn ich keine Hintergründe weiß). Denn jeder würde ein liebes Kind aufnehmen...einen vermeintlichen Rotzbengel der dazu fähig wäre während seiner "Anfälle" einen im Affekt abzustechen wohl nicht. Schwierig...aber kein Mensch ist von Grund auf böse.