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Pressestimme
Zeitsprung
Zurückgeworfen ins Jahr 1945, erleben wir durch die Kinderaugen der neunjährigen Christl das Ende des zweiten Weltkrieges. Wien ist
durch die Bombenangriffe in Schutt und Asche gelegt und Christls Mutter (Ursula Strauss) schnappt ihre Kinder, um sie am Neuwaldegger
Stadtrand in der Villa von Familie „Braun“ - eine NS-Offiziers-Familie - in Sicherheit zu bringen. Die Großeltern verbleiben in der
Stadtwohnung in Hernals, weil die fuchsteufelswilde Oma (Krista Stadler) und eiserne NS-Regimegegnerin mit Sicherheit nicht in ein
Nazi-Haus zieht. „Scheiß Hitler, der gschissane“, verlautbart sie tobend und weigert sich zu gehen.
Wenn Maikäfer fliegen
Christl (Zita Gaier) gewöhnt sich schnell an das neue Umfeld und erkundet begeistert die Villengegend. Kurz darauf erreicht auch Christls
Vater (Gerald Votava), der aus dem Lazarett zu seiner Familie geflüchtet ist, das „von Braun-Domizil“. Als die gefürchteten Russen in
Wien einmarschieren und das Haus der „von Brauns“ besetzen, freundet sich Christl mit dem Außenseiter Cohn (Konstantin Khabensky),
der seine russischen Kumpanen mit von ihm gekochten Essen versorgt, an. Hin und wieder spielen Christl und Gerald (Lino Gaier) - der Sohn
von „Frau von Braun“ (Bettina Mittendorfer) - Streiche, sehr zum Leidwesen der Erwachsenen, doch beim Zuschauer sorgt das vive Mädl
mit ihrer kindlich trotzigen Art stets für herzerwärmende Momente. Nöstlinger selbst beschreibt jene Zeit als eine ihrer aufregendsten
und glücklichsten.
Geballte Frauenpower
Der Film ist großteils unter dem Einfluss von Frauen entstanden. Von Regisseurin Mirjam Unger über Drehbuchautorin Sandra Bohle bis zur
Produzentin Gabriele Kranzelbinder und Cutterin Niki Mossböck, vermutlich ganz im Sinne der feministischen Nöstlinger. Nicht außer Acht
zu lassen ist außerdem das hinreißende Schauspiel von Zita Gaier, die ein herausragendes Talent besitzt und ihrer Rolle in höchstem Maße
gerecht wird. Heldenhaft schleicht sie sich in unsere Herzen, wie die Romanfiguren der Nöstlinger und schließlich auch die Autorin selbst.
Das Resultat ist ein Film mit Anspruch und ganz viel Herz.
https://www.film.at/die-verfilmung-des-a…maikaefer-flieg
Moderator
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“Maikäfer flieg”-Verfilmung in Wien: Dreh für Nöstlinger-Roman mit Ursula Strauss
Ursula Strauss und Gerald Votava bei den Dreharbeiten zu "Maikäfer flieg!" in Wien
Spaß beim Dreh, ernster Inhalt: Es sieht an den Drehorten für Mirjam Ungers Verfilmung des Nöstlinger-Klassikers “Maikäfer flieg!” in Ottakring und
Hernals tatsächlich nach zerbombtem Wien aus. Die Dreharbeiten stehen vor dem Abschluss, Hauptdarstellerin Ursula Strauss gab ein Interview dazu.
Im Hinterhof des Firmensitzes von Julius Meinl in Wien-Ottakring türmt sich der Schutt vor bröckelnden Mauerresten, ein Pferdewagen mit zerlumpten
Passagieren trottet durch die sengende Hitze. Es sind die letzten Drehtage für Mirjam Ungers Verfilmung des Nöstlinger-Klassikers “Maikäfer flieg!”.
Dreharbeiten zu “Maikäfer flieg!” in Wien
Seit dem 22. Juni 2015 laufen die Dreharbeiten zu dem Film (Kranzelbinder Gabriele Production), der im Herbst 2016 in die Kinos kommen soll. In diesen
letzten Tagen stehen nun Wiener Schauplätze rund um Hernals, wo die Familie in Nöstlingers autobiografischem Roman wohnte, im Zentrum. Die Szenen
in der Villa, wo sich die Familie nach Zerstörung der elterlichen Wohnung versteckt, hat man hingegen in Südtirol statt in Neuwaldegg gedreht.
Passionierte Nöstlinger-Leserin: Ursula Strauss
Abgekämpft und mit Sonnenbrand auf den ungeschminkten Wangen erscheint Ursula Strauss zum Interview mit den Journalisten. In den mit einem Tuch
zusammengebundenen Haaren klebt Staub, der Schweiß perlt. Die österreichische Schauspielerin gibt die Mutter der jungen Ich-Erzählerin Christine
(Zita Gaier), die von den Kriegs- und Nachkriegswirren rund um das Jahr 1945 erzählt.
Dabei hatte die passionierte Nöstlinger-Leserin Strauss den Klassiker gar nicht gekannt. “Ich habe Nöstlinger rauf und runtergelesen, aber das Buch ist
irgendwie an mir vorübergegangen”, so die Schauspielerin, die gar nicht undankbar ist, das Werk erst in der Vorbereitung gelesen zu haben. Schließlich
haben Kollegen am Set – wie etwa der Filmvater Gerald Votava – seit der Kindheit bestimmte Bilder im Kopf. “Wenn man Bücher verfilmt, die vielen Menschen
am Herzen liegen, geht man natürlich die Gefahr ein, dass es von den Bildern im Kopf abweicht”, so der Schauspieler.
Drehorte in Hernals und Sprache im Film
Er selbst hat auch Bilder aus der Umgebung im Kopf, in der “Maikäfer flieg” spielt. Schließlich sei er an den Rändern des 17. Wiener Gemeindebezirks
aufgewachsen, wie er erzählt. “Die Gegend und die Menschen sind mir vertraut, wie sie miteinander umgehen und sprechen.” Diese speziell gefärbte
Sprache, wie sie für Nöstlingers Werk charakteristisch ist, sei im Vorfeld zum Dreh ein großes Thema gewesen. Schließlich habe man sich entschlossen,
im Dialekt zu spielen, wie Strauss und Votava erzählen. Lediglich die Kinder im Film sprechen eher Hochdeutsch, was aber auch kein Problem sei. Schließlich
sei es ja oft so, dass Kinder den Dialekt der Eltern nicht mehr annehmen würden. “Der Dialekt stirbt langsam aus”, so Strauss. “Es wäre aber falsch gewesen,
wenn auch wir Erwachsenen in einem Film über das Jahr 1945 Hochdeutsch gesprochen hätten.”
Während des Gesprächs wird Strauss immer wieder emotional, wenn es um die Aktualität des verfilmten Stoffs geht. “Man braucht sich nur umschauen. Überall
rund um uns ist Krieg, es wird immer schlimmer, die Menschen haben immer mehr Angst und die Flüchtlinge werden behandelt, als würden sie gern hierher kommen.
Ich habe das Gefühl, uns kommt immer mehr die Anständigkeit abhanden, ich weiß nicht warum.” Auch im Film geht es um Traumatisierung, um einen von Krieg
und Angst geprägten Alltag. “Insofern ist der Film brandaktuell”, so Strauss.
“Diesen Film würde ich immer machen”
Bei der Entscheidung für den Film vor zwei Jahren sei die Aktualität allerdings noch kein Thema gewesen, “da war die Situation noch nicht so verschärft”,
erinnert sich Strauss. “Aber diesen Film würde ich immer machen. Es ist vielleicht auch wichtig, sich gerade dann mit dem Thema zu beschäftigen, wenn es
nicht im Bewusstsein ist. Weil es jederzeit immer wieder passieren kann.”
Als Film-Vater hat Regisseurin Unger ihren Lebensgefährten Gerald Votava besetzt, der als Deserteur sowohl von den Nationalsozialisten wie auch den
Russen aufgrund seiner Vergangenheit als deutscher Soldat verfolgt wird. Er hatte im Vorfeld viel Kontakt mit Christine Nöstlinger, die sich allerdings
weder ins Drehbuch noch in die Dreharbeiten eingemischt habe. Ihre Erzählungen über ihren Vater hätten ihm allerdings geholfen, sich der Figur
anzunähern. Er habe den Vater zwar schon “über Jahre im Kopf gehabt”, aber auch das Erlernen der russischen Sprache, die Lektüre von Erinnerungen
an Russland-Einsätze deutscher Soldaten und Erfahrungsberichten aus Lazaretten habe ihm sehr geholfen.
“Maikäfer flieg!”: Film über das Kriegsende in Wien
Auch für ihn ist “Maikäfer flieg” genauso wie für Strauss weder dezidiert ein Kinder- oder Erwachsenenfilm. “Er thematisiert die Problematik, wenn
verschiedene Generationen zusammenleben, den Übergang zwischen Kriegsende und dem so genannten Friedensbeginn mit den Besatzern. Ich bin ja
auch mit dem Russen-Besatzungs-Klischee aufgewachsen, im Film wird es differenzierter gezeigt als das, was man weiß.” Sehr bewusst ist er sich auch
der Aktualität des Stoffes: “Krieg ist leider ein aktuelles Thema, auch das Zusammenleben zwischen verschiedenen Nationen. Und die Sprache, die einem
das Überleben ermöglicht.”
http://www.vienna.at/maikaefer-flieg-ver…strauss/4414024