(Mit Jonas Kipp, Matthias Friedrich, Antonio Wannek, Nadine Grenz, Oliver Bröcker)
"Kinderspiele" ist ein deutscher Kino- und Fernsehfilm aus dem Jahre 1992 von Wolfgang Becker, der hier seine Kindheitserinnerungen verarbeitete.
Gleich zu Anfang des Films wird folgender Text eingeblendet:
"Wir machen darauf aufmerksam, daß es sich bei dem Fernsehfilm >Kinderspiele< nicht um einen Film für Kinder handelt. Gezeigt werden die schmerzlichen Erfahrungen eines 11-Jährigen Jungen, seine Verzweiflung beim Verlust seiner geborgenen Kindheit. In erster Linie richtet sich der Film damit an Erwachsene."
Erzählt werden die Sommererlebnisse des 11-Jährigen Micha (talentiert dargestellt von Jonas Kipp!) in einem Vorort im Deutschland der 60er Jahre. Die Familienverhältnisse sind angespannt, er fühlt sich vernachlässigt. Der cholerische Vater schlägt, die Mutter vernachlässigt ihn und bevorzugt unverhohlen ihren jüngsten Spross Peter, der aufgrund dieser Tatsachen als Ventil Michas herhalten und zahlreiche Gemeinheiten über sich ergehen lassen muss.
Auch ein gutes Zeugnis, das er mit nach Hause bringt und ihm die Türen zum Gymnasium öffnet, findet wenig Anerkennung, ja stößt beim Vater fast auf Ablehnung. Abwechslung bietet ihm lediglich das Abhängen mit seinem äußerst primitiven Kumpel Kalli, dessen Umgang ihm seitens seines Vater eigentlich verboten ist, oder Verabredungen mit dem Mädchen Claudia. In seine Einsamkeit träumt er von fernen Planeten oder schickt mit seiner Taschenlampe Lichtsignale in den nächtlichen Sternenhimmel.
Als die Mutter mit Peter die Familie verlässt, spitzt sich die Lage zu. Versuche Michas, die Familie wieder zusammenzubringen, scheitern und enden gar in eine Katastrophe!
Nein, für Kinder ist dieser Film, trotz seines Titels, wirklich nicht geeignet. Zu viele Szenen wären wohl unverständlich und auch zu drastisch - zumal einige Gewaltszenen so real dargestellt sind, dass es einen emotional sehr an die Nieren geht! Sämtliche Darsteller, selbst die Jüngsten (herausragend hier Matthias Friedrich als der jüngere Bruder "Peter") spielen exzellent! Die Kameraarbeit ist hervorragend (wundert mich nicht, dass dieser Film den Kamerapreis 1992, Kategorie
Fernsehfilm, erhielt).
Ja, es gibt sie, die deutschen Filmperlen - wenn auch zu selten.
«Ein wunderschöner traurigkomischer Film über das brachiale Ende einer Kindheit in den Sechzigern, über zu schnelles Erwachsenwerden, über die erste zarte Verliebtheit. Über vieles, woran man sich selbst noch gut erinnern kann und was den Film so vertraut macht wie ein Gang durchs Elternhaus.»
Stern
«Nirgends konnte man die klaustrophobische Enge, die wahrscheinlich jedes Aufwachsen prägt - und dann im Alterungsprozess vergessen geht -, beklemmender spüren als in KINDERSPIELE, der meisterhaft situierten Schilderung einer Kindheit. Die perfekt rekonstruierte Studie einer Arbeiterfamilie katapultierte mindestens alle, die zur selben Zeit und in einem ähnlichen Milieu gross geworden sind, mit schon fast brutaler Erinnerungsgewalt in das, was erst im Rückblick nicht länger als ganz normale Jugend erscheinen mag: in den ärmlichen, verkümmerten und verkümmernden Alltag mit jähzornigen Vätern und erschöpften Müttern, mit komisch riechenden Grosseltern und beängstigenden Dorftrotteln, mit Trevira-Anzügen und ,Fix-&-Foxi-Heftchen', mit den endlosen Tücken falsch gerichteter Femsehantennen und den verklemmten Heimlichkeiten Pubertierender in vorpermissiven Zeiten, mit, mit, mit... Die gnadenlos genaue Evozierung des äusseren Rahmens findet ihre Entsprechung in der Gnadenlosigkeit, mit der Becker die Geschichte von väterlicher Brutalität und kindlicher Grausamkeit schliesslich in die Katastrophe führt.»
Neue Zürcher Zeitung