@bumblebee08: Danke für dein Kommentar. Ja, ich lese sehr viel und bin immer noch stolz, sagen zu können, dass die Summe, die ich für Bücher ausgebe, immer noch höher ist, als die für Filme. Vielleicht wären Hörbücher für dich das richtige, wenn das mit deinen Augen nicht klappt?
Jetzt aber, erst einmal, für dich und alle anderen Mitleser, ein neues Buch. Zurzeit lese ich den zweiten Teil der Reihe: "Das Lied von Eis und Feuer", will euch aber nicht so lange warten lassen. Deshalb hier ein anderes Werk, was ich vor einiger Zeit gelesen habe.
Kind 44
Autor:
Tom Rob Smith
ISBN: 978-3442472079
Seiten: 509
Verlag: Goldmann Taschenbuch Verlag
"In der Sowjetunion der Stalinzeit gibt es offiziell keine Verbrechen. Doch ein Mörder geht um - und niemand darf ihn stoppen."
Diktaturen bestehen v.a. aufgrund eines, von ihnen geschaffenen, Systemes aus Kälte, Angst, Terror und Spionage, getragen von Menschen, ebenfalls aus Angst, aber auch aus Machtgier oder Idealismus und Überzeugung. Getragen von Geheimdiensten.
In einen der berühmtesten und berüchtigsten, der Stalinzeit, arbeitet der Geheimdienstoffizier Leo Demidow und kann, als in Moskau 1953 die Leiche eines kleinen Jungen gefunden wird, nackt und fürchterlich zugerichtet, die Augen vor den Offenkundigen nicht verschließen.
Leo beginnt auf eigene Faust zu ermitteln, stößt auf weitere Morde, die ihn durch halb Russland führen. Doch noch während der ersten Überlegungen wird ihm klar, dass er selbst zum Gejagden geworden ist.
Krimis gehören nicht, zu den von mir überlicherweise, bevorzugten Genre und doch habe ich mir diesen gekauft, nachdem es in einer Literatursendung (Ich glaube, bei 3Sat.), vorgestellt wurde. Das Thema ist schließlich umwoben, von geschichtlichen Hintergrund und der Leser taucht sofort, mit den ersten Zeilen schon, hinein, in eine Welt aus Angst und Kälte, die zu damaliger Zeit die Weiten Russland bestimmte.
Tom Rob Smith versteht es dabei Wahrheit und Fiktion perfekt zu vermischen. In seinen Erstlingswerk gelingt es ihn, zu beschreiben, wie ein, auf Terror gestütztes Regime funktioniert und wie sich unterschiedlichste Charaktere darin bewegt haben (können). Da gibt es den Karrieristen und den Loyalen, den Idealisten und den Oppositionellen, die Ehefrau, die nur aus Angst geheiratet hat, weil eben der Mann beim allmächtigen KGB arbeitet und dann ist da noch eine andere Welt, außerhalb des Systemes, die offiziell nicht existiert. Alleine die Mischung macht dieses Werk schon lesbar genug. Man mag es vielmehr gar nicht weg legen und liest unter Zwang immer weiter, obwohl der Inhalt teilweise sehr grausam und fast schon zu spannend für die Nerven ist. Wie ein Ertrinkender fast, der verzweilt nach jeden Strohhalm greift, blättert man immer nervöser von Seite zu Seite und begleitet Leo Demidow auf seine gefährliche Reise. Und hier beginnt die eigentliche, von Smith ausgedachte Geschichte um diese grausame Mordserie, die es aber, in Abwandlung, schon wieder Realität, wirklich gegeben hat. Wenn auch viel später, nämlich von 1978 bis 1990 mordete
Andrei Romanowitsch Tschikadilo, der nach seiner Verhaftung angab, 56 Menschen auf den Gewissen zu haben. Der hier beschriebene
Leo Demidow verfolgt den, der wahren Geschichte nachempfundenen, Mörder und ahnt nicht, wie nahe er den Mörder wirklich ist. Und das, sein Leben lang.
Ich habe dieses Buch gelesen, wie gesagt als Ausnahme, da ich bis dahin von Krimis die Finger gelassen habe. Nicht mein Genre, wie gesagt. Aber mit diesen Werk ist Tom Rob Smith etwas großes gelungen. So viel Spannung und Zittern, ja Mitleiden mit den Figuren habe ich noch nie erlebt und auch wusste ich nicht, wie dieses Terrorregime im Alltag wirkte und funktionierte, wie dies der Normalbürger sah, kennt man doch eher die Sicht von Politikern, Diplomaten und eben ehemaligen Offizieren und Geheimdienstlern. Diese Perspektive, die der Roman "Kind 44" ausführlich thematisiert, war mir neu und schon alleine deshalb, hochspannend, zumal die Geschichte der Morde reale Hintergründe aufweist.
Empfehlung: absolut
Weiteres:
Tom Rob Smith schrieb weitere Bücher, sollte doch die Geschichte um Leo Demidow eine Trilogie werden. Herausgekommen sind die Fortsetzungen "Kolyma" und "Agent 6". Tendenz, schwächelnd. Ist das "Kind 44" als Erstlingswerk des Drehbuchautors Tom Rob Smith zurecht ausgezeichnet, mit den Steel Dagger Preis als bester Thriller des Jahres, nimmt die Qualität der Nachfolge-Werke mit jeden Kapitel ab. Allenfalls "
Kolyma" würde ich empfehlen, als Fortsetzung zu lesen, setzt sich hier doch die, auch charakterliche, Veränderung von Leo Demidow fort, die in "Kind 44" seinen Anfang genommen hat. "
Agent 6" liest man dagegen nur noch der Vollständigkeit halber. Es fehlt aber nichts, wenn man sich dieses Werk dann doch nicht zu Gemüte führt. Doch, für "Kind 44" gilt, ein absolutes "Lese-Muss".
Euer samuel.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »samuel« (15. Juli 2012, 15:54)