Matthew Dicks "Der beste Freund, den man sich denken kann"
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Autor: Matthew Dicks
Seiten: 448
Verlag: Bloomsbury Verlag
ISBN-10:
382701140X
ISBN-13:
978-3827011404
Autor:
Der Amerikaner Matthew Dicks hat am Trinity College in Hartford, Connecticut, studiert und arbeitet seit dem als Grundschullehrer und veröffentlichte bisher Texte für Fachliteratur und immer wieder kleinere Artikel für diverse Zeitungen. Wenn er nicht gerade unterrichtet oder sich um seine Familie kümmert, mit der er in Newington, Connecticut, lebt, schreibt er Bücher. Seine Romane "Der gute Dieb" (2009) und "99 Sommersprossen" (2010) sind ins Deutsche übersetzt wurden.
Handlung:
Budo ist ein imaginärer Freund – kein leichter Job, ist er doch ausgerechnet der imaginäre Freund von Max. Und der hat massenhaft Probleme. Mit den Eltern, in der Schule und vor allem mit sich selbst. Ein außergewöhnlicher Roman mit einem einzigartigen Erzähler, der uns daran erinnert, was es heißt, ein Freund zu sein. Budo ist der beste Freund, den sich der achtjährige Max vorstellen kann. Eben weil er sich ihn nur vorstellt. Doch eines Tages wird Max nicht länger an ihn glauben und Budo wird aufhören zu existieren. So weit ist es jedoch noch nicht. Denn Max ist anders als die anderen Jungen: Er mag es nicht, wenn man ihn berührt, er liebt es, Dinge zu ordnen, er schaut Menschen ungern in die Augen. Kein Wunder, dass die Schule ein einziger Spießrutenlauf für ihn ist. Als die Lehrerin Mrs Patterson ein verdächtiges Interesse an Max bekundet, spitzt sich die Situation jedoch zu, so dass Budo eine dramatische Entscheidung treffen muss. Klug, schräg, spannend und oft umwerfend komisch erzählt Matthew Dicks davon, dass man beileibe nicht echt sein muss, um ein wahrer Freund zu sein. (amazon.de)
Rezension:
Zugegeben, das ganze war ein reiner Cover-Kauf ohne den Inhalt zu kennen. Der Schutzumschlag schön gestaltet, freundliche Farben, die Symbolik des fußballspielenden Jungen auf dem Kopf eines anderen Jungen vieldeutig und ein Schriftzug, der irgendwie an Jonathan Safran Foers "Extrem laut und unglaublich nah" erinnert. Und damit den Nagel auf dem Kopf trifft. Denn so weit entfernt sind die beiden Geschichten nicht. Auch hier geht es um einen autistischen Jungen, der seine Schwierigkeiten hat, den Alltag zu meistern und Probleme bekommt, wenn etwas nicht so läuft, wie es soll. Wenn es Neuerungen oder Änderungen gibt, die erst einmal ein unkalkulierbares Risiko darstellen, wenn Personen ihn berühren wollen, wenn das Essen zu einer anderen Zeit serviert wird als üblich oder wenn Max sich einfach nur zwischen zwei Eissorten entscheiden muss. In solchen Situationen hilft Budo, der imaginäre Freund, den Dicks dem achtjährigen Jungen zur Seite stellt und mit diesem das Abenteuer Alltag erleben lässt. Budo ist Max' Denken entsprungen und existiert nur für ihn und den imaginären Freunden anderer Kinder und das schon länger als gewöhnlich. Tatsächlich überleben die meisten seiner Schicksalsgenossen nicht einmal mehr die Vorschule, weil dann die Kinder oft nicht mehr an sie glauben, doch mit Max hat Budo Glück aber auch er versichert sich ständig seiner Existenz, denn irgendwann wird Max, ob autistisch oder nicht, dahinter kommen, dass Budo nicht wirklich ist. Dieser Moment könnte jedoch schneller kommen, als Budo lieb ist.
Und so spinnt Matthew Dicks eine hervorragende und einfühlsame Geschichte, deren Protagonisten Budo und Max einem sofort ans Herz wachsen, was nicht zuletzt an der ungewöhnlichen Erzählperspektive liegt. Max aus der Sicht von Budo, dem imaginären Freund. Die Welt aus Kinderaugen betrachtet, aber eben auf eine andere Art und Weise. Auch der Schreibstil trägt das Übrige dazu bei. Kurze klare und prägnante Sätze, wie sie bei Kindern üblich sind, ohne dass der Autor die Phantasie eines Kindes ins Lächerliche ziehen würde. Er nimmt sie ernst, wie viele Erwachsene es nicht machen würden und nähert sich auch dem Thema Autismus oder Asperger-Syndrom auf einem einfühlsamen Weg. Für die Betroffenen, sei es ob selbst autistisch veranlagt oder ständig im Kontakt mit Menschen, die eben "auf der Innenseite leben, während die meist Anderen auf der Außenseite leben" ohne den Gegenüber zu verstehen, wie es Budo einmal formuliert.
Eine Geschichte ohne Fehler und Lücken, die für mich eine ganz persönliche Note hatte, bin ich doch Max in gewisser Weise ähnlich, andererseits bin ich froh, es nicht in dieser extremen Form leben zu müssen, wie sie dem Jungen und seiner Umgebung Schwierigkeiten bereiten. Dennoch habe ich mich bei der einen oder anderen Alltagssituation zumindest etwas ertappt gefühlt. Und seit der letzten Seite dieses Buches versuche ich mich krampfhaft daran zu erinnern, ob mir einmal ein imaginärer Freund zur Seite stand. Im Leben darf sich glücklich schätzen, wer einen "Budo" hat - egal ob imaginär oder real.
Ein Buch für alle imaginären und realen Freunde, darüber was es heißt, Freund zu sein. Die Welt mit Kinderaugen voller Phantasie betrachten und sich auf etwas "andere" Menschen einstellen und lernen, dass es sich lohnen kann, Grenzen zu überschreiten, auch wenn es unmöglich erscheint. Matthew Dicks mit einen großartigen Roman.
Euer samuel.