[attach]56074[/attach] [attach]56078[/attach]
LIBERA in ELY am 29.04.2017
Irgendwie fällt es mir in der letzten Zeit immer schwerer Buchstaben und Wörter in sinnvoller Reihenfolge anzuordnen. In den Tagen nach dem Konzert habe ich Little Hallingbury, London Shoreditch und Norwich immer wieder ein paar Eindrücke in mein Tablet gehackt und nun, wo ich wieder zu Hause bin, das Ganze versucht irgendwie vernünftig zu ordnen.
Andere Berichte habe ich bislang noch nicht gelesen, vorsichtshalber, denn ich möchte mich ja nicht von den Worten anderer beeinflussen lassen.
[attach]56075[/attach] [attach]56076[/attach] [attach]56077[/attach]
Hatte ich den letzten Bericht nicht auch mit Robert begonnen? Nun, ich tue es wieder. Ich finde es interessant, dass sich nicht nur der Chor gezwungener Massen immer wieder verändert, sondern mit ihm auch Robert Prizeman. Allerdings langsamer. Vor Jahren noch war er kaum zu sehen, da er seinen Platz gerne an der Seite wählte und während des Dirgierens auch noch Piano spielte. Seit einiger Zeit ist sein Platz aber vor dem Chor, das Piano anderweitig besetzt. Aber auch wenn mit dem neuen Tablet als Ersatz für die Notenblätter der Fortschritt Einzug gehalten hat, so bedient sich Robert doch weiterhin analoger Hilfsmittel. Und so geschah es beim Lied Smile, dass Robert während des Liedes ein kleines Blatt Papier in die Luft hielt und von links nach rechts dem gesamten Chor zeigte. Kurz danach hatte er den Taktstock zwischen den Zähnen.
Was auf dem Zettel zu sehen war konnte ich vorerst nur erahnen. Nach dem Konzert reichte ein Blick in Roberts Mappe aus um Gewissheit zu bekommen. Nein, ich habe nichts angefasst und das Blatt lag verkehrt herum mit einem Pfeil auf der Rückseite. Aber man könnte trotzdem erkennen, was auf der anderen Seite zu sehen war: Eine lachende Sonne. Dass dies jetzt eine direkte Auswirkungen auf die Gesichter der Sänger gehabt hätte, kann ich so nicht bestätigen. Dabei hätte Robert doch eigentlich nur auf Taichi zeigen müssen. Dieser Junge ist ein Phänomen. Hatte Joshua damals noch ein scheinbar immerwährendes Lächeln, so ist in Taichis Gesicht ein reines, glückliches und ehrliches Lachen zu sehen. Auch während des Singens. Dabei wäre ja nach der Namensherkunft das Lachen eher Isaacs Aufgabe. Der aber steht jetzt friedlich im Hintergrund und hat, wenn man es beschreiben möchte, in seiner langen Zeit bei Libera häufig ein eher verschmitzt-konzentriertes Gesicht gezeigt.
Und wo wir gerade dabei sind, Dauergrinsebacke Alex Gula wird auch langsam älter und ernster. Vielleicht auch, weil er sich jetzt mehr auf sein Solo konzentriert. Und er ist auch nicht mehr so laut.
Bei Wayfaring Stranger ist Alex Gula inzwischen der dritte Solist, nach Sam Wiggins und Alessandro MacKinnon-Botti. Auch Alex gibt dem Lied eine gewisse Mystik mit auf den Weg, die durch die Choreographie noch verstärkt wird. Während der Chor in Umgekehrter V-Form steht, an der Spitze offen, steht Alex anfangs im Hintergrund. Am Ende des Liedes steht Alex dann an der Spitze der Formation und das V ist geschlossen. Es sind teilweise nur kleine Elemente in der Choreographie, die optisch den akustischen Eindruck verstärken, z.B., wenn sich Lücken zwischen den Sängern schließen und der Chor dann als geschlossene Formation vor dem Publikum steht, oder wenn zum Finale eines Liedes ein Schritt nach vorne gemacht wird, oder eine kleine Drehung, die bewirkt, dass in verschiedene Richtungen stehende Sänger plötzlich alle nach vorne schauen. Dabei passiert es auch, dass einzelne Sänger sich dann mal in die falsche Richtung drehen, aber das bekommt im Regelfall kaum einer mit.
Nach Ankündigung von Libera hatten wir acht neue Lieder zu erwarten, wobei es korrekt natürlich hieß, acht Lieder vom neuen Album. Eines suche ich immer noch und von den restlichen sieben waren fünf bereits vorher im Programm. Aber damit hatte ich gerechnet.
Neu waren also für uns Smile und From a Distance. Bei Smile waren wir ja eben schon Mal, gesungen wurde es von Gabriel, der damit nun auch seinen ersten Soloeinsatz hatte, sehen wir von den Salvas bei Salva Me Mal ab. Und Gabriels Solo war hervorragend, wie gewohnt mit leichter Schieflage des Kopfes, nicht aber der Stimme. Zu dem Zeitpunkt war es aber schon keine Überraschung mehr, denn zuvor hatte Gabriel bereits Far Away zu neuem Leben erweckt.
From a Distance wurde von Merlin vorgetragen, aber natürlich unter Mitwirkung aller anderen. Nicht erwartet hatte ich die Länge des Liedes, aber auch nicht seine Intensität. Das Lied enthält im Mittelteil eine Steigerung, die es in sich hat, bevor es dann wieder in den sanften Teil zurückfällt. Ohnehin eine faszinierende Eigenart einiger Lieder, dass sie ganz sanft enden und man dabei total vergessen hat, dass sie kurze Zeit vorher noch ganz anders waren. Ich war so fasziniert von dem Lied, dass ich total vergessen habe zu beobachten, wie Merlin gesungen hat. Bei Stay with Me hatte er ja beim Singen kaum den Mund geöffnet. Dieses Lied war dann übrigens nicht mehr mit dabei.
Bleiben wir doch gleich bei den Neuigkeiten und kommen zu …. Rocco. Ihn im Kreis der Solisten zu sehen hat mich besonders gefreut, noch dazu mit einer grandiosen Stimme bei dem neuen Lied Angele Dei. Das Lied hat mal wieder eine etwas mystische Ader und man wird es wohl, wenn die CD erschienen ist, bei gedämpften Licht in aller Ruhe am Besten genießen können. Uns beim Konzert war es definitiv ein Highlight. Rocco hat hier nun Alexander Montoro als Solisten abgelöst, der es im Dezember noch in London gesungen hatte und auch auf der CD zu hören sein wird. Alex Montoro stand bei diesem Konzert als Solist leider nicht mehr zur Verfügung. Schade!
I'm dreaming of home war vor einiger Zeit schon im Konzertprogramm. Aus irgendeinem Grund mochte ich das Lied nicht so besonders, obwohl es an und für sich eine schöne Melodie hat. Nur gibt es eine kleine Stelle mit einer Wiederholung (taucht mehrmals auf), die auf mich unharmonisch wirkt. Aber das ist mein persönliches Problem. Dafür gibt es im Mittelteil eine gesungene Melodie, für die sich damals Thomas Delgado-Little verantwortlich zeichnete. Diesmal war es Camden, der erst etwas gedämpft begann, sich dann aber in klare Höhe steigerte, ohne dabei in irgendeiner Form schrill zu werden. An dieser Stelle gibt es immer Gänsehaut.
Camdens eigentliches Solo aber war – und das war keine Überraschung - Angel. Seine Stimme passt sehr gut zu dem Lied, nur neigt er an manchen Stellen etwas zum Lispeln. Aber nur an manchen, haben wir auch gar nicht gehört. Angel war ja nun eines von Isaacs ehemaligen Liedern, die er auch als erster Solist überhaupt bei Libera gesungen hat. Wie zuvor bereits geschrieben stand er nun im Hintergrund und in direkter Linie hinter dem jetzigen Solisten. So auch bei Wonderful World, das bereits seit dem Sommer letzten Jahres von Gregor gesungen wird. Und der hat seine Stimme wieder gut eingesetzt, unspektakulär, ohne Schnörkel, aber gut.
Auch seit dem Sommer letzten Jahres ist die Neuauflage von San Damiano im Programm und dieses Lied war auch diesmal der Opener des Konzerts. Diesmal hatte es Robert Prizeman übrigens nicht geschafft sein Dirigentenpult ungesehen zu erreichen. Da der Beifall offensichtlich nun ihm galt verneigte sich Robert auch höflich und freundlich vor dem Publikum, setzte sich an sein Pult und wartete. Eine Offizielle der Kathedrale wollte ja noch das Publikum begrüßen und ein paar organisatorische Sachen mitteilen, bevor dann die Musiker abschließend ihre Instrumente stimmten und schließlich die gewohnte Ansage von Libera vom Band kam.
Als all das erledigt war setzte die Musik ein und die Jungs kamen von beiden Seiten auf die Bühne. Nicht lautlos, aber ich habe schon lauteres Poltern gehört. San Damiano – gerade in der neuen Version - ist ein schwungvolles Lied und hat dann auch schon mal einen Jungen dazu verleitet eine Weile im Takt mit dem Fuß zu wippen. Solange sie nicht anfangen zu tanzen...
Das tat jemand anders. Manche nette Szenen spielen sich auch mal abseits der Bühne ab. Bei Libera (dem Lied), das als letztes Lied der ersten Konzerthälfte gespielt wurde, bekam ich einen Stubser ab und einen Hinweis auf ein Geschehnis rechts neben der Bühne. Und dort saß ganz ins Lied vertieft Eleanor mit Moose im Arm und ließ ihn liebevoll ein wenig tanzen. Eine nette Szenerie.
Dass Moose das meist gereiste Moose der Welt ist, das ist uns ja schon vor langer Zeit erzählt worden. Dass aber Moose heimlich irgendwelche die Sinneswahrnehmungen beeinflussenden Substanzen inhaliert, das wussten wir bislang noch nicht. Nur so ist es zu erklären, dass Moose irgendwann mal den Eiffelturm in New York gesehen hat, wie uns in einer Rede erzählt wurde.
[attach]56079[/attach] [attach]56080[/attach]
Nach der Pause kam Libera zurück, während bereits die Einleitung des nächsten Songs lief. Zuvor hatte es Robert übrigens wieder nicht geschafft unbemerkt an seinen Platz zurückzukommen. Auch als der Chor komplett aufgebaut war ging das intensiver werdende Instrumental weiter. Hätte ich es nicht bei den Proben bereits gehört wäre ich auf das folgende Lied nicht gekommen. Gut, es stand auch im Programmheft. Diese Irae wurde durch diese Einleitung nicht zum üblichen Wecklied, begann aber natürlich trotzdem intensiv. Ohne Pause ging es über in Joyful, Joyful, das ohne Überraschungen verlief und wie gewohnt euphorisch endete.
Und da waren ja noch die vielen anderen Lieder, bevorzugt mit „S“ beginnend. Wie Sanctus (abschließendes Sanctus wieder von Merlin gesungen), Sacris Solemnis, bei dem Leo und Taichi die hohen Noten übernahmen, wobei besonders Taichi gut auszumachen war, Sempiterna, bei dem sich einer Viergruppe mit Gabriel, Rocco, Taichi und Emanuele (?) vor dem Chor platzierte und Salve Me. Ja, Salva Me war auch im Programm, obwohl ja Gabriel nun eine andere Aufgabe zugeteilt wurde. Seinen Platz nahm nun Taichi ein, der aber die Salvas aus dem Chor heraus sang.
Es ist erstaunlich, das zwei verschiedene Stimmen auch einen deutlichen Unterschied in der Wirkung ausmachen können. Nicht negativ gemeint. Doch während Gabriels Salvas eine leicht mystische Note hatten, mit etwas Volumen, so kam es von Taichi kindlich fröhlich und etwas flacher. Wie gesagt nicht negativ, nur anders, denn keine Stimme ist wie die andere und vielleicht ist dieser Einsatz für Taichi auch die Vorstufe zu einem echten Solo. Würde mich freuen.
Bei Amazing Grace fehlte Ciaran. Natürlich, nur nicht um es in ganzer Pracht erklingen zulassen. Schließlich gibt es ja Rocco.
Den Abschluss des Konzerts bildete Exultate, wobei Percussion-Man Jon Ormston und die Flötistin Elmear McGeown vor die Bühne traten. Besonders Jon Ormston macht es immer wieder sichtlich Spaß vor der Bühne die Bodhran zu spielen aber auch sonst zeigt der vollen Einsatz bei den Liedern.
Als Zugabe gab es leider bereits Gehörtes, bzw. Gesungenes. Und in der Summe damit nur 18 Lieder. Diese aber hatten häufig eine Länge, die die manch anderer Lieder deutlich übertraf. Somit dürfte die Gesamtdauer manch einem Konzert mit 20 Liedern entsprochen haben.
Während der Applaus brandete gingen zwei kleinere Jungs in die Mitte und zeigten auf die Musiker, die links und rechts von der Bühne angeordnet waren. Und natürlich auf Robert Prizeman. Bei anderen Chören erlebt man es meist genau umgekehrt. Da lässt sich der Chorleiter erst feiern, bevor ihm einfällt, dass den Klang ja andere erzeugt haben.
Diesmal war der gute Willen des Publikums zu erkennen, den Beifall bis zum Verschwinden des letzten Sängers zu spenden. Da aber alle über eine einzige schmale Treppe die Bühne verlassen wollten, dauerte es dafür dann doch zu lange. Ich finde es immer zu niedlich, wenn die kleinen Sänger fröhlich winkend die Bühne verlassen, wobei wohl keiner sagen kann, ob sie damit allgemein dem Publikum zuwinken, oder nur einigen Angehörigen, die sie im Publikum wissen.
Der Chor fuhr noch am gleichen Abend mit dem Bus nach London zurück und selbst im Programmheft wurde auf die etwa dreistündige Rückreise hingewiesen. Manche Kinder wurden aber auch gleich von ihren Eltern mitgenommen. Aber vorher musste noch auf die neue CD aufmerksam gemacht werden. Also verschwanden vier kleinere Sänger mit einem Stapel Flyern in Richtung Ausgänge, die sicherste Methode, alle abzufangen. Später arbeiteten sie sich dann zu den noch in der Kirche verweilenden Besuchern durch.
[attach=56081] [/attach] [attach]56082[/attach] [attach]56083[/attach]
Noch einmal zurück ins Konzert. Natürlich gab es auch wie gewohnt einige kleine Reden, die zumeist von denjenigen gehalten wurden, die nicht als Solisten im Einsatz waren. So bekommt halt (fast) jeder seine Aufgabe.
Peter Kielty und Alex Gula übernahmen die Begrüßung, stellten den Chor an sich vor, erwähnten die beiden Kleinsten, Koji und Cassius (beide 8) und wiesen auf das neue Album hin.
Alex Menuet und Victor Wiggin erzählten über Reisen und ihre Roben, wobei die Stimme von Victor einerseits sehr niedlich klang, man sich aber gleichzeitig die Frage stellen muss, wie man diese Sprechstimme zu einer guten Gesangsstimme verwandeln kann.
Gregor und ??? erklärten, mit wie vielen verschiedenen Stimmlagen gesungen wird (es sind sieben)
Alessandro und ??? erzählten über die Sommerkonzerte des letzten Jahres und erwähnten die nächsten Konzerte in Japan und über Moose.
Peter Kielty stellte die vielen unterschiedlichen Nationen innerhalb des Chores vor, mit Alex Gula aus Polen, Alex Menuet und Victor Wiggin aus Frankreich, Theo Wood aus Mexico, Oliver Watt-Rodriguez aus Spanien, Tadgh Fitzgerald aus Irland, Alex Montoro aus Italien und Koji und Taichi Shinokubo aus Japan. Einige sicherlich mit nur teilweise ausländischen Wurzeln.
Tadgh übernahm die Verabschiedung und Ankündigung des letzten Songs, tja und dann dauerte es auch nicht mehr so lange, bis wir vor der Kathedrale standen.
LIBERA bot in ELY in hervorragendes Konzert mit einer sehr guten akustischen Abstimmung, wunderbaren Solisten und einem phantastischen Chor.
Ein paar Lieder hatten wir vor dem Konzert bereits hören können, da die Kirche bei den Proben geöffnet blieb. Allerdings nur gegen Zahlung des üblichen Eintrittsgeldes, die Konzertkarte galt noch nicht. Anders als Krakau wurde nicht das gesamte Konzert geprobt, sondern lediglich fünf oder sechs Lieder. So konnte man miterleben, wie am Anfang die Lautstärke und andere Sachen eingepegelt wurden und wie z.B. nach der Probe des Sanctus eine Gruppe noch einmal ohne musikalische Begleitung einen kleinen und im Lied immer etwas kritischen Part in drei Variationen wiederholte.
Es war ein Abend, den ich gerne mit einem kleinen Spaziergang, einer netten Unterhaltung und einem kühlen Bier abgeschlossen hätte. Tatsächlich wurde es noch eine längere Autofahrt, eine nette Unterhaltung und deutlich mehr als eine Flasche Bier. Und irgendjemand hatte doch im Auto tatsächlich das Radio angemacht....
… aber ich darf mich nicht beschweren, denn schließlich war ich ja zwei Abende später noch bei einem völlig anderen Konzert.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »mawi« (9. Mai 2017, 10:01)